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Telltalehard: Spiral Stairs

Hypothese: Wenn sich jeder dritte Dream Theater-/Queensryche-Fan auch Scheiben von kleineren Bands zulegen würde, hätten wir eine erfreuliche Prog-Metal-Ökonomie. Realität: die meisten DT-/QR-Fans interessieren sich leider nicht für unbekannte Bands und deswegen ist der Markt, trotz Top-Combos und Metal-Medien-Interesse, nur bedingt vorhanden. So schnell wird sich das auch nicht ändern, obwohl das Powermad Festival in Baltimore, USA und das kommende Progpower Festival in Tilburg, Niederlande etwas für diese Musikrichtung tun. Wie auch immer; Progressive Power Metal bleibt neben dem traditionellen Metal die wohl interessanteste Musikrichtung, da sie nicht Image-bezogen und daher anti-kommerziell ist. Zu dieser Gattung zählen auch die Marburger Telltalehard, die mit dem Song "Fight the fear" ihres "Signs of warning"-Demos auf der ersten Rock Hard-Unerhört!-CD vertreten waren. So professionell und musikalisch einwandfrei wie Telltalehard findet man nur selten Bands; mit ihrer zweiten Eigenpressung "Spiral stairs" nehmen die fünf Marburger ein weiteres Mal den Anlauf. Was hier in einem Quintett progressiver Lieder geboten wird ist kaum noch zu verbessern: feines, erwachsenes Songwriting bestückt mit Details en masse, klare, kraftvolle und extrem variable Vocals und das Ganze abgerundet von einer Produktion die man eigentlich (und öfters nicht...) auf offiziellen Debüts vorfindet. Ehrlich; ich frage mich warum Songs wie "Beacon light * I'm no stranger" und "Cynical hope" denn auf einer selbstfinanzierter CD sind, während ich mich im Plattenladen Woche für Woche mit Rabattschrott herumplage. "Spiral stairs" bietet vom ersten bis zum letzten Ton hochkarätiger Progressive-Stoff der es mit Underground-Heroen wie Apocalypse (US) oder Divine Regale aufnehmen kann. Besonders beeindruckend ist die Art und Weise in der man die einzelnen Teile zusammensetzt; trotz aller Komplexität der Songs sind sie so gut arrangiert dass keiner dem Frickel-Bazillus unterliegt. Stattdessen fliesst eine gewisse kompositorische Ruhe in die Musik, die man bei anderen Bands dieser Stilrichtung oft vergeblich sucht; ein Song ist hier ein Song und kein Sammelsurium an halbfertigen Ideen, unnötigen Intermezzi, Halsüberkopf-Breaks, Proberaum-Riffs und wirren Drum-Fills. Telltalehard (schon das intelligente Wortspiel im Bandnamen spricht für die Qualitäten dieser Gruppe) spielen ihre Songs mal lockerer, mal intensiver; bei aller Abwechslung verliert man nicht den roten Faden und lässt zudem seinen Metal nicht von irgendwelchen gerade angesagten Einflüssen unterschneien. Mit dem wunderschönen "A living Page of Mystory" (kein Schreibfehler) offeriert man sogar einen Mini-Klassiker des Genres - der Refrain dieses spannenden Metal-Abenteuers mit sämtlichen Zutaten (inklusive akustische Gitarren und ergreifende Vocals) hat mich umgehauen. Wer also jetzt was faselt von "Jaja; schon wieder verkannte Genies aus Deutschland; Blalabla..." und sich nach dem Kauf des neuen Dream Theater-Albums wie gehabt für ein Jahr in die eigene Bude zurückzieht ohne auf andere Releases zu achten, der ist kein Metalfan sondern ein stinknormaler Tonkonservenkonsument und genauso apathisch wie die Marketing-Mafia des antimusikalischen Grosskapitals es am liebsten sieht. Denn bedenke: ohne querulante Bands wie Valley's Eve, Zero Hour, Symmetry, Payne's Gray, Ion Vein (um nur einige mehr oder weniger aktuelle Vertreter des Prog-Metals zu nennen) und - zugegeben - die Genre-Könige von Dream Theater würde es in der heutigen Monokultur noch erheblich mehr an Sauerstoff mangeln als es jetzt der Fall ist. Für lächerliche DM. 15,- steht ein (gepresstes; nicht selbstgebranntes) Exemplar von "Spiral stairs" (mit einem sophisticated Cover-Artwork) bereit bei: Hardtale Music Am Rödchen 14 35043 Marburg E-Mail: manager@telltalehard.de News und anderes Wissenswerte gibt es auf der Website: www.telltalehard.de

(c)1999, Oliver Kerkdijk