Michael Harris ist in einschlägigen Kreisen nun wirklich kein Unbekannter
mehr, neben seiner Mitarbeit an Projekten wie Zanister oder Leather Leone`s
Soloscheibchen ist er mir besonders mit seinen drei veritablen Full-Length-Alben
sowie einer EP seiner scheinbar immer noch in einer Parallelwelt existierenden
Stammband Arch Rival in (guter) Erinnerung geblieben. Auch seine Solo-Releases
sind mir durchaus geläufig, auch wenn sie nicht immer das gelbe vom Ei sondern
ab und an auch etwas trashig des Weges kamen („Orchestrate“, anyone ?). Fakt ist
allerdings dass Mr. Harris zu den besseren Shred-Epigonen des Genres zu zählen
ist. Nun war vor einiger Zeit bei dem werten Herrn die Erkenntnis gereift dass
melodischer Ami-Metal auf der einen und Griffbrettgewichse auf der anderen Seite
nicht alles sein können und entschloss sich dazu der Welt seine Definition des
komplexen Prog Metals zu offerieren. Ein Name war schnell gefunden, auch die
nötigen instrumentalen Mitstreiter welche sich unter anderem aus aktuellen bzw.
ehemaligen Mitgliedern seiner Michael Harris Band und Eniac Requiem
rekrutierten. Nur die Stelle des Sängers blieb erstmal vakant, bis Harris den
formidablen Enchant- Frontmann Ted Leonard für sein Projekt begeistern und ihn
überzeugen konnte das Thought Chamber-Material stimmlich zu veredeln. Einfluss
auf den Songwriting- Prozess hatte Leonard allerdings nicht und arbeitete seine
Gesangslinien aus ohne jemals mit der Band gejammt zu haben, quasi das Fates
Warning – Konzept light, schöne nicht mehr ganz so neue (Net-) Welt.
Von daher konnte man natürlich schon skeptisch sein ob die ganze Chose nun nicht
schon zu steril rüberkommen würde, allerdings kann man diesbezüglich recht
schnell Entwarnung geben. Sicher ist „Angular Perceptions“ komplexe Musik im
High Tech – Gewand, sicher gibt es auch halsbrecherische Instrumentalabfahrten,
was besonders bei den drei Instrumentaltracks zutage tritt, dennoch ist es dem,
jederzeit von mir gerne goutierten Ted Leonard gelungen mit seinem überaus
angenehm-warmen Gesang gelungen die Harris-Kompositionen vortrefflich zu
veredeln. Beispiele gefällig ? Zieht euch mal seine überaus mitreißenden
Gesangslinien bei „A Legend`s Avalon“, besonders während der Strophen im
Zusammenspiel mit Harris` effektiver Gitarrenarbeit (das Solo kurz vor dem Ende
des Songs erinnert mich etwas an Ron Jarzombek). Solche überragenden Melodien
habe ich von Leonard seit dem genialen Jahrhundertdebüt von Enchant nicht mehr
gehört. Großes Kino indeed. Sicher einer der Höhepunkte eines an diesen nicht
gerade geizendem Album. Es ist gerade der Gesang der auf „Angular Perceptions“
für die nötige Emotionalität und somit für ein gutes Gegengewicht zu den
teilweise doch sehr konstruiert wirkenden Instrumentalpassagen sorgt. Das
ziemlich nach vorne preschende „Balance of One“ ist ein weiterer Beleg für
diesen Umstand, wobei Harris hier auch mit einem sehr gefühlvollen Solo im
Mittelteil glänzen kann. Oder auch „Transmigration of Souls“ bei dem Leonard
seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellt. Grandios aber auch der
melancholisch eingefärbte Abschluss „A Mind beyond“ bei dem sich auch die
Instrumentalfraktion angenehm zurücknimmt und eher auf ein zwingendes
Arrangement setzt. Erwähnen möchte ich aber noch dass auch Harris bei einem Song
seine Stimmbänder zur Verfügung stellt und Liebhaber rein instrumentaler Musik
vor allem an dem sehr abwechslungsreichen „Mr. Qwinkle`s Theory“ ihre helle
Freude haben wird. Schon klasse wie sich die Instrumentalisten hierbei auf
geschickte Art und Weise die Bälle zuspielen. Wie überhaupt „Angular Perceptions“
den Freunden anspruchsvoller komplexer Musik alles erdenkliche zu bieten hat,
virtuose aber selten selbstzweckhafte Darbietung technischer Fähigkeiten,
punktuell eingesetzte Abgedrehtheiten, harte aber dennoch jederzeit melodiöse
Riffs, eine mehr als gelungene Produktion und eben ein grandioser Gesang. Das
wichtigste sind aber packende Songs und weil es auch daran nichts zu bekritteln
gibt kann ich dieses Album ohne Gewissensbisse empfehlen. Bleibt hoffentlich
keine einmalige Angelegenheit.
(c)2007, Michael Weber