Jedesmal wenn eine neue
Annihilator-CD erscheint, liest man im Infoblatt dass ‘man es trotz
zahllosen Line-up-Wechseln immer geschafft habe, den
Original-Annihilator-Sound beizubehalten’. Das muss man mir mal
erklären. Erstens: Annihilator = Jeff Waters, also das leuchtet ein.
Zwotens: jeder Headbanger der die Karriere de Kanadiers Waters über
die Jahre ein wenig verfolgt hat, ist sich längst darüber im klaren
dass es den Original-Annihilator-Sound eigentlich nur gibt auf dem
Klassiker Alice in hell, auf dem etwas laschen Nachfolger
Never neverland und vielleicht noch auf King of the kill.
Sprich: melodischer Powerthrash mit Jeffs unverwechselbar präzisen
Leads und Riffs. Irgendwie sind die restlichen Scheiben mehr oder
weniger dreiste Selbstplagiate oder schlichtweg der komplette Reinfall
(Remains, anyone?).
Das fabrikneue Annihilatorchen,
ganz romantisch All for you getauft, wird bei den alten Fans
einen schweren Stand haben, denn zwar sind wieder einige unglaublich
aggressive Songs vorhanden und die Produktion stimmt diesmal auch
hundertprozentig, nur: der Wiedererkennungswert der Songs ist gleich
null. Neuzugang Dave Padden mimt am Mikro den Anselmo-on-speed und
obwohl es sich beim mehrmals hören der Scheibe feststellen lässt, dass
er tatsächlich singen kann, scheinen weder Waters noch Padden
selbst daran ein grosses Interesse zu haben. Mir gingen Aggrobands wie
Pantera schon seit ihrer Erfindung mächtig auf den Geist (derartiger
Non-Gesang versaute mir vor kurzem letztendlich auch den Genuss des
Death Machine-Erstlings). Dieses monotone Herumgeschreie ist nichts
weiteres als dämlich und ermüdend, man fragt sich am Anfang einer
Scheibe immer wie viele Songs man das denn als Hörer überhaupt
ertragen muss. Antwort: normalerweise die ganze Spieldauer. Dem ist
auf All for you zwar nicht so, aber trotzdem geht einem das
ganze schon tierisch auf den Wecker. Wenn man sich ultraspeedige
Brecher wie Demon dance oder Rage absolute anhört,
vermisst man mehr als je eine vernünftige Gesangsmelodie und eine good
old fashioned Hookline. Wie schwer es anscheinend für Waters ist, eben
diese zu schreiben (oder schreiben zu wollen?), davon zeugt sein neues
Baby vor allem. Live werden Annihilator in egal welcher Besetzung
wieder abgehen wie die Post, auf Platte kann ich mir das nur noch
bedingt antun. Denn immer wieder ist da diese Vermutung: hätte Jeff
Waters einen Songwritingpartner von dem er gelegentlich mal etwas
annehmen würde, klängen die letzten A-Scheibchen nicht wie B-Klasse
und könnte man wieder - wie früher üblich - die einzelnen Songs
voneinander unterscheiden. Auch All for you schrieb der
Besserwisser wieder im Alleingang. Ich wette, dass ich diese
Annihilator-CD spätestens in drei Wochen völlig vergessen habe und
mich an keinen Riff oder keine Melodie (die gibt’s nicht) mehr
erinnern werde. Die Balladen (zwei diesmal; The one und
Holding on) sind zu langweilig um mehr als ein, zwei mal gespielt
zu werden. Sogar im soften Bereich war Waters einst einfach um Klassen
besser. Für Hartgesottene im Thrashbereich hält All for you
dennoch so manche Perle bereit. Geschmackssache, also?
(c) 2004, Oliver Kerkdijk